Multikopter und Flugtaxis: "Virtuelle Sensoren" sollen Crashs verhindern

Wissenschaftler haben ein System entwickelt, das Fehler bei Flugtaxis im Flug sofort erkennt und darauf reagieren kann. Es kommt dabei ohne Sensorik aus.

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In der Modell-Drohne der Autonomous Flying Ambulance steckt bereits das NFFT-System.

(Bild: Caltech)

Lesezeit: 4 Min.

Wenn ein Rotor bei einer privaten Drohne ausfällt und abstürzt, dann kostet das Geld. Bei VTOLs (Vertical Take-Off and Landing), auch Flugtaxis genannt, können solche Ausfälle dagegen Menschenleben kosten. Wissenschaftler des California Institute of Technology (Caltech) haben eine Art von virtuellem Sensor entwickelt, der im Flug auftretende systemische Fehler erkennen können soll. Das funktioniert mithilfe von Maschinellem Lernen und adaptiven Kontrollmethoden.

Die Sicherheit von Luftfahrzeugen steht an erster Stelle. Bei auftretenden Fehlern und Störungen wie etwa Windböen, querende Vögel oder ausfallende Rotoren müssen sie nicht nur in der Luft bleiben, sondern auch kontrolliert weiterfliegen können. Ein Wissenschaftsteam des Caltech hat dazu eine auf maschinellem Lernen basierende Kontrollmethode entwickelt, die die Forscher in ihrem Paper "Learning-Based Minimally-Sensed Fault-Tolerant Adaptive Flight Control" beschreiben, der in IEEE Robotics and Automation Letters erschienen ist. Das System nennen die Forscher Neural-Fly for Fault Tolerance (NFFT).

"Wir haben ein solches fehlertolerantes System entwickelt, das für sicherheitskritische autonome Systeme von entscheidender Bedeutung ist, und es führt die Idee virtueller Sensoren zur Erkennung von Fehlern mithilfe von maschinellem Lernen und adaptiven Kontrollmethoden ein", sagt Soon-Jo Chung, Professor für Control and Dynamical Systems am Caltech.

Die elektrisch betriebenen VTOLs sind mit mehreren Rotoren ausgestattet, teilweise auch aus Redundanzgründen. Sollte einer der Rotoren ausfallen, können die verbliebenen seine Aufgabe übernehmen und kompensieren. Das VTOL bleibt so in der Luft. Um den Energiebedarf möglichst gering zu halten, haben die meisten VTOLs zusätzlich Tragflächen. Rotoren als auch Tragflächen bieten jedoch reichlich Fehlerpotenzial.

Entsprechend muss im Ernstfall sehr schnell festgestellt werden können, wenn etwas an dem Fluggerät nicht stimmt. Dazu könnten in jedem Rotor Sensoren eingebaut werden. Das reicht aber nicht aus, sagen die Wissenschaftler. Es bräuchte etwa einen Sensor für die Fehlererkennung in der Rotorstruktur, einen um festzustellen, dass der Rotor nicht mehr läuft und einen weiteren, um einen Signalfehler zu detektieren. Solche Systeme sind teuer und schwer zu kontrollieren. Darüber hinaus würde es das Gewicht des Fluggerätes erhöhen. Hinzu kommt, dass auch die Sensorik selbst ausfallen könnte.

Das NFFT der Caltech-Forscher basiert auf einer Deep-Learning-Methode. Es kann etwa auf starke Winde reagieren und zugleich feststellen, ob in irgendeiner Art und Weise ein Fehler an Bord aufgetreten ist. Das bordeigene neuronale Netzwerk wird mittels realer Flugdaten trainiert. Es lernt dabei in Echtzeit, wenn sich einzelne Parameter ändern und kann dann entsprechend reagieren. So kann das System etwa einschätzen, wie gut jeder einzelne Rotor zu jeder Zeit funktioniert.

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Zusätzliche Sensoren sind dazu nicht erforderlich. Auch können sich Ingenieure die Hardware zur Fehlererkennung und -identifizierung sparen, verspricht Chung.

"Wir beobachten einfach das Verhalten des Flugzeugs – seine Lage und Position in Abhängigkeit von der Zeit. Wenn das Flugzeug von Punkt A zu Punkt B von seiner gewünschten Position abweicht, kann NFFT erkennen, dass etwas nicht stimmt, und die Informationen nutzen, um den Fehler zu kompensieren."

Diese Korrekturen erfolgen sehr schnell in unter einer Sekunde. Bei einem Ausfall eines Motors würde man es kaum bemerken, dass er ausgefallen ist. So schnell könne das System den Fehler kompensieren.

Getestet haben die Forscher ihr NFFT-System an verschiedenen kleinen Multikoptern, darunter auch ein Modell einer Autonomous Flying Ambulance, ein Hybrid-Elektro-Fahr- und Fluggerät, das Verletzte schnell in Krankenhäuser transportieren soll. Die Forscher haben das System auch an reinen Bodenfahrzeugen getestet und wollen die Anwendung des NFFT auch noch auf Boote ausweiten.

(olb)